Ion Willaschek
DEJA VU Letzte Ausstellungen der Josef-Haubrich-Kunsthalle
Der Kölner Künstler Ion Willaschek initiierte vor 15 Jahren die letzten Ausstellungen in der Josef-Haubrich-Kunsthalle und den ehemaligen Räumen des Kölnischen Kunstvereins, bevor beide Gebäude trotzmassiver Proteste abgerissen wurden. Diese damaligen inoffiziellen Ausstellungsaktionen fanden übermehrere Wochen in dem schrittweise schwindenden Gebäudekomplex statt und wurden damals vomKünstler fotografisch dokumentiert.
Das Labor zeigt diese fotografischen Dokumente sowie eine Skulptur des Künstlers aus dem Bauschutt
der Kunsthalle. Er nimmt dabei explizit Bezug auf die aktuelle Situation am Ebertplatz.
Eröffnung: Freitag, den 16.02.2018 um 19 Uhr
Finissage: Freitag, den 02.03.2018 um 19 Uhr
Künstlergespräch mit Maria Linsmann
Öffnungszeiten: Fr. und Sa. 17 – 19 Uhr und nach Vereinbarung
Ausstellung: 16.02. – 02.03.2018
Kontakt: ion.willaschek@gmx.de
Dem späten aber heftigen Protest zum Trotz wurden die Josef-Haubrich-Kunsthalle und mit ihr die damaligen Räume des Kölnischen Kunstvereins vor 15 Jahren abgerissen. Zusammen bildeten Kunsthalle und Kunstverein als Haubrich-Forum einen unvergleichlich wichtigen Bezugspunkt zeitgenössischer Kunst der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die jüngsten Entwicklungen rund um den Ebertplatz erwecken Erinnerungen an diese Vergangenheit, stehen hier doch erneut funktionierende Räume der Kunst stadtplanerisch zur Disposition. Die Projektgalerie LABOR zeigt pünktlich zum Jubiläum des Abrisses und passend zur eigenen Situation eine Dokumentation der letzten Ausstellungen in der Josef-Haubrich-Kunsthalle, die der Künstler Ion Willaschek vor 15 Jahren dort initiierte.
Als vor 15 Jahren die ersten Mauern der Josef-Haubrich-Kunsthalle fielen, da schien ihre Ausstellungsgeschichte längst abgeschlossen zu sein. Die Kunsthalle galt sowohl bei Gegnern als auch Befürwortern des Abrisses als funktional nicht mehr existent. Doch am 2. Dezember 2002 hängten Ion Willaschek, Mauna Tunger und Carsten Folgmann ihre Arbeiten genau dort auf; mit zunehmendem Gebäudeschwund folgten weitere illegale Ausstellungen in der Ruine, bis am 17. Dezember 2002 die letzten Bilder auf den letzten kleinen Rest des Haubrich-Forums gehängt wurden. Durch die irreversible Fixierung mit bestem doppelseitigen Tesa endete die Ausstellungsgeschichte des Haubrich-Forums mit dem letzten Schlag der Abrissbirne.
Unter dreister Aussparung erheblicher Mühen ergriffen die drei Akteure die Gelegenheit, sich als junge und unbekannte Künstler eine Ausstellung in einer der wichtigsten Kunsthallen der Nachkriegsgeschichte zu verschaffen und gleichzeitig die Geschichte dieser großen Institution neu zu schreiben.
Pünktlich zum Jubiläum des Abrisses und passend zur eigenen räumlichen Bedrohungssituation zeigt die Projektgalerie LABOR mit Sitz in den Ebertplatzpassagen Fotografien von Ion Willaschek, die er bei der Aktion vor 15 Jahren in der Ruine der Josef-Haubrich-Kunsthalle anfertigte. Desweiteren setzt sich der Künstler skulptural mit Überresten (original Bauschutt) der Kunsthalle auseinander, in dem er diese in einem kleinen Schaukasten archäologisch-museal inszeniert. Spielerisch wird so auf das Risiko bau- und kulturpolitischer Entscheidungen, die zuweilen unumkehrbaren Schaden anrichten können, verwiesen.
Die Situation der Projektgalerien am Ebertplatz ist bis jetzt nicht geklärt. Zwischenzeitlich beschloss das Liegenschaftsamt aufgrund der Drogenkriminalität den Galerien zu kündigen, die Stadtverwaltung zog in Erwägung die Zugänge zur Ebertplatzpassage abzuriegeln. Der Schock über den Umgang mit den gewachsenen und lebendigen Räumen der Kunst, aber auch mit den anderen Mietern, wie den Betreibern des Copy-Shops und der afrikanischen Bars, saß tief. Mittlerweile sind die Kündigungen vom Tisch und die Nutzer der Passage sind mit dem Vermieter (der Stadt Köln) im Dialog.
Der Vorgang war in der Tat verwunderlich. Zusammen mit den anderen Projekträumen in der Ebertplatzpassage (GOLD+BETON, Bruch & Dallas und Tiefgarage) wurde das LABOR 2016 für den Kölner Kulturpreis nominiert. Diese Auszeichnung kann hingegen kaum verwundern: Dank des enormen ehrenamtlichen Einsatzes aller Projektraumbetreiber ist am Ebertplatz trotz baulicher Verwahrlosung eine Plattform für zeitgenössische, experimentelle und zumeist junge Kunst entstanden. Jenseits des musealen Betriebs und jenseits einer primär kommerziellen Ausrichtung entfalten sich hier Kunst- und Meinungsfreiheit.
Eine ähnliche Aufgabe käme wohl auch einer Kölner Kunsthalle zu, und hier schließt sich ein Kreis. Zwar keinesfalls ehrenamtlich, so bot auch die Josef-Haubrich-Kunsthalle mit ihren wechselnden Ausstellungen die Möglichkeit, auf junge und neue Formen zeitgenössischer Kunst einzugehen. Mehr noch: Ein eigenständiger künstlerischer Direktor hatte die ausdrückliche Aufgabe unbequeme und ungewohnte künstlerische Positionen in den Vordergrund zu stellen. Diese Idee ging auf Kurt Hackenberg zurück. Über Jahrzehnte eine der wichtigsten Kunsthallen Deutschlands, wurde sie zunächst durch Sparmaßnamen schwer gebeutelt und zuletzt zum Abriss freigegeben. Auch die Proteste der Initiative Haubrich-Forum konnten die Stadt nicht von ihrem Plan abhalten.
Und so kann sich niemand sicher wähnen; was heute geehrt, kann morgen abgeschrieben werden. Das gilt umso mehr für jene, deren Treiben in „ungeliebter“ Architektur stattfindet. Die Betonfassade der Kunsthalle, einst entworfen von Ernst Wille, galt vielen als nicht mehr zeitgemäß. Das Ebertplatz-Bashing gehört bei manch einem zum guten Ton. Doch was, wenn alle Betonzeugnisse der 60er und 70er Jahre verschwinden? Wo bleibt neben dem Respekt vor lebendigen Räumen der Kunst das historische Bewusstsein für die Betonepoche? Einige Zeugnisse müssen bewahrt werden, warum nicht jene, die wichtige Aufgaben erfüllen? Und ganz nebenbei, es war ursprünglich geplant gewesen, für die Josef-Haubrich-Kunsthalle einen Ersatz zu schaffen. Diese Zusage wurde klammheimlich unter den Teppich gekehrt. Wäre es da nicht umso angebrachter, die vielen Institutionen in Köln, die diese Lücke gefüllt haben, erst recht zu unterstützen?
Ion Willaschek,
geboren 1978 in Köln, studierte dort ab 2001 Kunst, Biologie und Philosophie auf Lehramt.
Parallel dazu studierte er ab 2005 Freie Kunst an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Tal R.
Er lebt und arbeitet als Künstler und Lehrer in Köln.