REFLEKTIONEN 1912 - 1967 - 2008
 
2008
EBERTPLATZ
 
 
1912, 1967, 2008. Immer wieder hat Köln die jeweils
aktuellen Krisen und Stagnationen als Kunststadt
überwunden, indem es sich mit der Realisation von
ungewöhnlichen und visionären Projekten als
Kunststandort neu erfunden hat. Da zur Zeit die für
die Kulturpolitik zuständigen Stellen, viele der
etablierten Kulturbetriebe und selbst der
kommerzielle Kunstbereich unübersehbar schwächeln,
sollte die Initiative nun verstärkt von den
Künstlern, der Bürgerschaft und den jeweiligen
selbstorganisierten Netzwerken ausgehen. Angesichts
der in den letzten Jahren trotz aller Widrigkeiten
neugegründeten Kulturinitiativen - insbesondere auch
um den bisher nicht gerade als kulturelles Herzstück
betrachteten Ebertplatz herum – besteht durchaus
Hoffnung. Das Potential der Kunstmetropole Köln
bleibt trotz aller Provinzialisierungstendenzen und
Abwanderungsbewegungen bestehen: Eine starke, in
langen Jahren gewachsene und der Stadt verbundene
Künstlerszene, ein vielschichtiges Angebot an
Kulturereignissen aller Sparten und ein interessiertes
und leidenschaftliches Kunstpublikum. Das
alles in enger Vernetzung mit dem landesweiten,
überregionalen und internationalen Kunstbetrieb.
Köln fehlt es also derzeit nicht an Substanz und
Inhalten, sondern an Visionen, die über die hier
üblichen Fraktionierungen und Befindlichkeiten der
einzelnen Interessensgruppen hinausgehen. In den
Stadtvierteln um den Ebertplatz herum - die noch dazu
als funktionierendes Beispiel eines lebendigen
multikulturellen und sich selbstorganisierenden
großstädtischen Lebensraums gelten können - zeigt
sich nun ein Weg aus dieser Misere auf: Selbermachen
statt lamentieren und fordern!
1967
 
KULTURZENTRUM AM
JOSEPH HAUBRICH HOF
 
 
Die als Ergebnis einer über die üblichen politischen Festungsbildungen hinausgehenden Initiative beschlossene städtische Kunsthalle eröffnet gleichzeitig mit dem Kölnischen Kunstverein und dem Joseph Haubrich Forum. Die neue Kunsthalle soll ein >>Schaufenster der Kölner Museen<< sein. Sie verfügt über keine eigene Sammlung, sondern soll Sonderausstellungen und internationale Wanderausstellungen zeigen, aber auch experimentelle und innovative künstlerische Projekte ermöglichen.
 
In den nächsten Jahren wird das neue Kulturzentrum rasch zu einem Katalysator der Entwicklung Kölns zum internationalen Hotspot des Kunstbetriebs. Dies wird nicht durch die Präsentation massenwirksamer und rein repräsentativer Großausstellungen erreicht, sondern durch eine konsequente Öffnung gegenüber neuen, auch unbequemen Strömungen in der Kunst. Köln wird so zu einem europäischen Zentrum eines spartenübergreifenden und gesellschaftlich ambitionierten Kunstverständnisses, das mit Fluxus, Neuer Musik und der konsequenten Umsetzung eines erweiterten Kunstbegriffs nicht nur regional sondern auch international Maßstäbe setzt. Kunstmarkt, Sammler, Galerien, Künstler, Kultur-Institutionen und die Medien entwickeln eine wechselseitige innovative Dynamik, die Köln für viele Jahre in Bewegung hält und damit die Grundlage für das heute immer noch bestehende große Potential der Kölner Kunstszene bildet.  
1912
 
SONDERBUND WESTDEUTSCHER
KUNSTFREUNDE
 
 
In der städtischen Ausstellungshalle am Aachener Tor wird die vierte internationale Kunstausstellung des >>Sonderbundes Westdeutscher Kunstfreunde<< eröffnet.
Die Organisatoren wollen einen Überblick über den jüngsten Stand der aktuellen Kunst geben, der von ihnen bereits unter dem Begriff >>Expressionismus<< zusammengefasst wird. Eine Aufzählung alleine eines Teils der beteiligten Künstler zeigt die Bedeutung der Kölner Sonderbundausstellung, die im Grunde die gesamte moderne Szene präsentierte: Picasso, Barlach, Braque, de Vlaminck, Mondrian, Kokoschka, Schiele, Heckel, Kirchner, Klee, Macke, Marc, Modersohn-Becker, Nolde, Munch und viele andere. Neben diesen Hunderten von Werken der aktuellen Kunst wird in einer retrospektiven Abteilung das Werk derjenigen Künstler aufgezeigt, die am Übergang der Stilrichtungen standen und wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Moderne hatten. Neben 125 Arbeiten von van Gogh sind mit Cezanne und Gaugin auch zwei französische Meister am Übergang zur Moderne zu sehen.
 
Mit dieser bis dahin beispiellosen, gemeinschaftlich organisierten Ausstellung werden die neuesten Strömungen der zeitgenössischen Kunst einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Die Wirkung auf die gesamte westdeutsche Kunstszene kann als ein Meilenstein auf Kölns späterem Weg zur Kunstmetropole betrachtet werden kann.  
 
 
 
 
Ein Statement zur Kunstmetropole Köln im LABOR Nowottny Mies Staab
 
Die aktuelle Schaufensterinstallation des LABOR Nowottny Mies Staab beschäftigt sich mit Kölns Geschichte als Kunstmetropole. Am Beispiel der Sonderbund Ausstellung von 1912 und der Eröffnung des Haubrich Forums 1967 sollen Besonderheiten der Kölner Kulturszene aufgezeigt werden, die hoffen lassen, dass auch 2008 die Kunstinteressierten der Stadt wieder die Initiative ergreifen und handeln, statt zu lamentieren und zu fordern. Eine stilisierte Zeichnung der städtischen Kunsthalle 1912 und des Joseph Haubrich Forums 1967 ist auf einer großen Spiegelfläche aufgetragen. Darin spiegelt sich die Unterführung am Ebertplatz – wo neue Kulturinitiativen gegen die kulturelle Verödung arbeiten - und natürlich der geforderte Betrachter des Jahres 2008. Zusammen mit drei programmatischen Texten wird so eine Reflektionen über den Zustand der Kunstmetropole Köln ermöglicht und Wege aus der Misere aufgezeigt.
 
Einladung zum offenen LABOR am 08.08. und 15.08.2008. jeweils ab 19.00 Uhr bis etwa 22.00 Uhr.
 
Zur Eröffnung des Büros unserer neuen Nachbarn -der European Kunsthalle- mit zahlreichen Veranstaltungen im August (www.Kunsthalle.eu) wird auch das LABOR seine Pforten öffnen und neben der aktuellen Schaufensterinstallation in einer Videodokumentation Auschnitte aus der Arbeit der letzten Jahre zeigen. Wir ermöglichen auch einen ersten exklusiven Blick auf Nowottnys Arbeit "Gespenster", die vor zwei Wochen im Atelier von Edward Munch in Oslo entstanden ist. Ein weiterer Programmpunkt ist ein kurzer filmischer Rückblick auf die Arbeit von Joseph Beuys an der sozialen Skulptur und dem erweiterten Kunstbegriff sowie auf die Factory-Kunstproduktion des Andy Warhol, unter dem programmatischen Titel "Warhol Beuys Superstars".
Neben dem bekannten gastronomischen Angebot unserer afrikanischen Nachbarn und der umliegenden Betriebe wird auch diesmal für ein Glas Wein gesorgt sein. Zu den Veranstaltungen erscheint ein Heft mit Statements zum aktuellen Projekt und zur kulturpolitischen Situation Kölns.
 
 
Ein Statement zur Kunstmetropole Köln
 
Die neue Schaufensterinstallation des LABOR Nowottny Mies Staab beschäftigt sich mit Kölns Geschichte als Kunstmetropole. Am Beispiel der Sonderbund Ausstellung von 1912 und der Eröffnung des Haubrich Forums 1967 sollen Besonderheiten der Kölner Kulturszene aufgezeigt werden, die hoffen lassen, dass auch 2008 die Kunstinteressierten der Stadt wieder die Initiative ergreifen und handeln, statt zu lamentieren. Eine stilisierte Zeichnung der städtischen Kunsthalle 1912 und des Haubrich Forums 1967 ist auf einer großen Spiegelfläche aufgetragen. Darin spiegelt sich die Unterführung am Ebertplatz – wo neue Kulturinitiativen gegen die kulturelle Verödung arbeiten - und natürlich der geforderte Betrachter des Jahres 2008. Zusammen mit drei programmatischen Texten wird so eine Reflexion über den Zustand der Kunstmetropole Köln ermöglicht und Wege aus der Misere aufgezeigt.
 
Es ist offensichtlich, dass in Köln die Kunst seit langem nicht mehr die gewohnte Priorität innerhalb der offiziellen Kulturpolitik hat. Nun wird gerne so getan, als ob Köln deshalb kurz vor der kulturellen Verwüstung stehe und in ein, zwei Jahren der letzte Kulturdezernet das letzte Museum abschließen, den Schlüssel in den Rhein werfen und dann mit seinem Koffer zum Rest der Szene nach Berlin trampen wird. Davon sind wir glücklicherweise weit entfernt. Köln ist traditionell eines der Zugpferde in der Quadriga der großen deutschen Städte, hat dort aber eine besondere Position. Es ist als einzige der großen Vier keine Landeshauptstadt, womit gewisse politische und finanzielle Selbstverständlichkeiten in Bezug auf die Kulturförderung wegfallen. Und es steht nicht wie Berlin, München und Hamburg als Monolith in einem eher kleinstädtischen oder sogar ländlichen Umfeld, sondern ist Teil eines der dichtesten kulturellen Ballungsräume Europas.
Leider glaubt man in der Stadt seit längerem, ein Erbrecht darauf zu haben, per se eine international bedeutende Kulturmetropole zu sein. In den letzten Jahren wurde dieser Fehleinschätzung wegen oft vergeblich versucht, an frühere Erfolge anzuknüpfen. Offensichtlich funktioniert es in Köln aber nicht, den Erfolg durch vom Mond importierte Konzepte oder scheinbar global wirksame Sensationen erreichen zu wollen. Wenn man sich die besondere Situation Kölns und seine Geschichte betrachtet, war es immer die Innovationskraft der Kölner Kulturszene selbst, die dafür gesorgt hat, dass hier visionäre Projekte realisiert und kreative Freiräume geschaffen wurden, die dann tatsächlich eine nach außen wirkende Strahlkraft entwickelt und spannende Leute angezogen und gehalten haben. Diese lokal ambitionierten -aber dennoch auf hohem Niveau- realisierten Konzepte wurden von Kölnern für Kölner gemacht, und nicht aus einem globalen Blickwinkel heraus.
 
Zur Zeit finden sehr vielversprechende Entwicklungen statt. Nachdem inzwischen viele der Kölnkritiker die Stadt Richtung Berlin verlassen haben, lässt es sich hier wieder deutlich besser arbeiten, auch weil nicht mehr an allem gleich die internationale Meßlatte angelegt wird. Die Kunstschaffenden beginnen zu erkennen, das es ein Fehler war, die Steuerungshoheit bequem an die Kulturpolitik und die Förderungseinrichtungen abzugeben und verweigern zunehmend auch die Hatz nach der Anerkennung durch den internationalen Kunstbetrieb oder die darauf fixierten Institutionen. Was sich zur Zeit herausbildet, hat mit dem überkommenen Begriff der Off-Kultur nichts mehr gemein. Völlig unbeachtet vom mit sich selbst beschäftigten globalisierten Kunstbetrieb und den Feuilletons entstehen Initiativen und Netzwerke, die auf einer fast vergessenen Selbstverständlichkeit beruhen: Kunst wird für den Betrachter gemacht.
Hier kommt Kölns größter Standortvorteil zum tragen: Eine hochklassige, ihrer Stadt verbundene Künstlerschaft und ein aufgeschlossenes Publikum, das sich nicht länger als reine Zählmasse im Museumsbetrieb versteht, sondern ambitionierte Projekte erleben und seine Künstler lieben oder sich über sie aufregen will. In bester Kölner Tradition eben....1912 ,1967, warum nicht auch 2008.
 
 
Das Projektatelier LABOR am Ebertplatz.
 
Vor drei Jahren haben die Kölner Maler Michael Nowottny und Gerd Mies ihren Arbeitsschwerpunkt in eine zentrale Lage in Köln verlegt. In einem ehemaligen Ladenlokal in der westlichen Unterführung am Ebertplatz entstehen seither nicht nur die eigentlichen künstlerischen Arbeiten; in regelmäßigen Abständen finden hier auch gutbesuchte öffentliche Kunstprojekte, performative Aktionen und konzeptionelle Ausstellungen statt, die entweder von Nowottny Mies selbst oder von eingeladenen Künstlern realisiert werden. Seit 2006 arbeitet auch der Kölner Künstler und Ausstellungsmacher Michael Staab eng mit dem LABOR zusammen und ist dort seit 2008 aktives Mitglied.
Die besondere Verbindung von konzentrierter Atelierarbeit, öffentlicher Interaktion und Netzwerkbildung mit anderen Künstlern, bietet Raum für unmittelbare künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten, die im hochspezialisierten und zunehmend kommerziell orientierten Kunstbetrieb oft keinen Platz mehr haben. Frei von Beeinflussungen durch Galerieinteressen, kuratorischen Auswahlkriterien oder formalen Zwängen der Kunstförderung, entstehen so unverfälschte künstlerische Versuchsanordnungen und Statements, die dann wieder Teil der künstlerischen Arbeit werden oder andere Aspekte der eigenen Arbeit beleuchten. Der Künstler wird wieder zum Kurator in eigener Sache. Das Publikum bekommt direkte Einblicke in die komplexen Entstehungsgeschichten der Arbeiten und wird vom passiven Kunstkonsumenten zum direkten Teilnehmer am Kunstgeschehen.
Das Labor ist nur an den jeweiligen Eröffnungsabenden geöffnet. Weitere Besichtigungstermine des Ateliers sind nach telefonischer Absprache möglich.